Diagnostik
Diagnostik [Bearbeiten]
Kriterien [Bearbeiten]
Einstufung | Nüchternblutzucker (venös) | Blutzucker im oGTT nach 2 Stunden (venös) |
---|---|---|
Normal | <110 mg/dl <6,1 mmol/l |
<140 mg/dl <7,8 mmol/l |
Abnorme Nüchternglukose (IFG) |
≥110–<126 mg/dl ≥ 6,1–<7,0 mmol/l |
< 140 mg/dl < 7,8 mmol/l |
Gestörte Glukosetoleranz (IGT) |
<126 mg/dl <7,0 mmol/l |
≥140–<200 mg/dl ≥7,8–<11,1 mmol/l |
Diabetes mellitus | ≥126 mg/dl ≥7,0 mmol/l |
≥200 mg/dl ≥11,1 mmol/l |
Blutzuckerkontrolle | Stoffwechsel gesund |
gut | mäßig (Maßnahmen empfohlen) |
Schlecht (Maßnahmen erforderlich) |
---|---|---|---|---|
BG vor dem Essen oder nüchtern in mmol/l (mg/dl) |
3,6-5,6 (65–100) |
5-8 (90–145) |
>8 (>145) |
>9 (>162) |
BG nach dem Essen in mmol/l (mg/dl) |
4,5-7,0 (80–126) |
5-10 (90–180) |
10-14 (180–250) |
>14 (>250) |
BG nachts in mmol/l (mg/dl) | 3,6-5,6 (65–100) |
4,5-9 (80–162) |
<4,2 oder >9 (<75 oder >162) |
<4,0 oder >11 (<70 oder >200) |
HbA1c Wert (standardisierter Wert nach DCC-Trials) |
<6,05 | <7,5 | 7,5–9,0 | >9,0 |
Diabetes mellitus liegt laut Definition der WHO von 1999[6] vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist (Glukosejeweils gemessen im Blutplasma, venös):
- Nüchternblutzucker ≥ 126 mg/dl (7 mmol/l)
- Blutzucker ≥ 200 mg/dl (11,2 mmol/l) zwei Stunden nach der Gabe von 75 g Glukose im oralen Glukose-Toleranztest (oGTT)
- Blutzucker ≥ 200 mg/dl (11,2 mmol/l) in einer zufälligen Blutentnahme.
Zur Diagnosestellung muss entweder mindestens zweimal ein definiert erhöhter Blutzuckerwert vorliegen (nüchtern über 126 mg/dl oder nach dem Essen (=postprandial) über 200 mg/dl bei Zufallskontrollen) oder ein pathologischer oraler Glukosetoleranztest.
Zu beachten ist, dass für die verschiedenen Materialien (Kapillarblut oder venöses Blut, Messung im Plasma oder im Vollblut) verschiedene Grenzwerte gelten. Die Messung sollte zeitnah zur Blutentnahme erfolgen. Es dürfen nur qualitätsgesicherte Messsysteme zum Einsatz kommen. Blutzuckermessgeräte zur Blutzuckerselbstkontrolle dürfen für diagnostische Zwecke nicht eingesetzt werden. Bei Serum-Glukose ist wegen der In-vitro-Glykolyse mit der Möglichkeit falsch niedriger, nicht jedoch falsch hoher, Messwerte zu rechnen. Serumproben zur Bestimmung klinisch-chemischer Parameter ohne Zusatz von Glykolysehemmstoffen dürfen daher nicht verwendet werden (siehe Praxis-Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft). Schließlich sind Krankheitsbilder auszuschließen, die als Nebeneffekt vorübergehend zu erhöhten Blutzuckerspiegeln führen können.
Die amerikanische Diabetes Association erachtet glykiertes Hämoglobin ebenfalls als einen relevanten Marker:
- Glykiertes Hämoglobin (Hb A1C) ≥ 6.5 %.[22]
Labordiagnostik [Bearbeiten]
HbA1c [Bearbeiten]
Der HbA1c-Wert ist ein Langzeit-Blutzuckerwert, mit dem der durchschnittliche Blutzuckerspiegel der letzten sechs bis zehn Wochen ermittelt werden kann. Es handelt sich hier um den Anteil des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin), der mit Glukose verbunden ist. Der HbA1c-Wert wurde früher in Prozent angegeben, jetzt in mmol/mol (s. u.). Je mehr Glukose im Blut ist, desto mehr Blutfarbstoff wird verzuckert. Dabei entsteht zunächst ein instabiles Zwischenprodukt, das nach einigen Stunden in ein irreversibles Endprodukt umgewandelt wird. Kurzfristige Blutzuckerspitzen bilden sich daher im HbA1c kaum ab. Bei Gesunden liegt der Wert bei etwa 4–6 %. Da sich die Normbereiche für den HbA1c-Wert von Labor zu Labor unterscheiden, muss mit dem Wert auch der jeweilige Normbereich des Labors angegeben werden. In der Diabetestherapie ist das Ziel, einen HbA1c-Wert zu erreichen, der möglichst nahe am Normbereich liegt, da dann ein weitgehender Schutz vor Folgeschäden besteht.
Messmethode und Einheit [Bearbeiten]
Die internationalen Diabetesorganisationen haben sich auf einen neuen Standard geeinigt, der genauer sein soll und weltweit eingeführt wird. Dabei müssen die HbA1c-Werte statt wie früher in Prozent in mmol/mol angegeben werden. Diese Regelung gilt seit 2009 und hatte eine Übergangsfrist bis zum 31. März 2010.[23] Absehbar wird es auf längere Zeit in der praktischen Umsetzung zwei Werte geben, den HbA1c-Wert in % und den mmol/mol-Wert.[24]
Fruktosamine [Bearbeiten]
Anhaltend erhöhte Blutzuckerspiegel führen zu einer Anlagerung von Glukose an Proteine (hauptsächlich Albumin) – die Konzentration der Fruktosamine (auch Fructosamine) ist der durchschnittlichen Glukosekonzentration während der Lebenszeit der Proteine proportional – bei Albumin ca. 14 Tage. Sinnvoll ist die Bestimmung der Fruktosamine bei unerklärlich hohen HBA1c-Werten oder bei Störung der HB=Hämoglobin-Bildung, z. B. nach Blutverlust oder bei Nierenerkrankungen (seit 2009 kann dieser Wert nicht mehr zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt werden).
C-Peptid [Bearbeiten]
Ein Maß für die Insulineigenproduktion ist das sogenannte C-Peptid. Das C-Peptid ist ein Teil des Proinsulins und wird in gleicher Menge wie Insulin aus der Bauchspeicheldrüse abgegeben. Da das C-Peptid-Molekül wesentlich stabiler als das Insulinmolekül ist (die Halbwertszeit des Letzteren beträgt wenige Minuten), ist es laborchemisch einfacher zu erfassen. Die Messung des C-Peptids hilft eingeschränkt bei der Unterscheidung des Typs I (C-Peptid durch zunehmenden Verlust der β-Zellen geringer bis nach Monaten bis Jahren nicht mehr vorhanden) von Typ II (C-Peptid durch Hyperinsulinismus zunächst erhöht oder auch normal, allerdings bei langer Krankheitsdauer ebenfalls erniedrigt bis nicht mehr nachweisbar).
Insulin [Bearbeiten]
Es kann auch direkt der Spiegel des Insulinhormons bestimmt werden, durch die kürzere Halbwertszeit (im Vergleich um C-Peptid) geeignet kürzere Spitzen zu detektieren. Zusammen mit der Bestimmung des C-Peptid nützlich zur Abklärung einer Hypoglycaemia factitia.
Harnzucker [Bearbeiten]
Glukosurie: Ein Symptom des erhöhten Blutzuckers ist das „honigsüße Hindurchfließen“. Damit ist die Glukoseausscheidung im Urin gemeint, die bei vielen Menschen bei Blutzuckerspiegeln um die 180 mg/dl (10,1 mmol/l) auftritt. Bei diesen Werten (Nierenschwelle) kommt die Niere mit ihrer Resorptionsleistung nicht mehr nach, und Glukose tritt in den Urin über (Glukosurie). Desgleichen ist die Rückresorption von Wasser beeinträchtigt, was zu einer erhöhten Urinausscheidung (Polyurie) mit entsprechend hohem Wasserverlust und vermehrtem Durst führt. Da die Nierenschwelle von Mensch zu Mensch doch relativ unterschiedlich ist und auch z. B. bei akuten Erkrankungen oder in der Schwangerschaft verändert ist, wird diese Messmethode zunehmend verlassen. Auch liegen die Kosten für die Messstreifen in ähnlicher Höhe wie bei der Blutzuckerbestimmung.
Eine Glukosurie bei Blutzuckerwerten unter 180 mg/dl (10,1 mmol/l) wird als Diabetes renalis bezeichnet. Diese entweder angeborene oder erworbene Funktionsstörung der Niere istdifferenzialdiagnostisch vom Diabetes mellitus zu unterscheiden. Insbesondere darf aufgrund eines alleinigen Befundes einer Glukosurie kein Diabetes mellitus diagnostiziert werden.
Ketone im Harn [Bearbeiten]
Ketonurie: Bei niedrigen Insulinspiegeln werden die Energiereserven des Fettgewebes mobilisiert. Dabei kommt es zum Anstieg nicht nur der Glukosekonzentration im Blut, sondern auch von drei noch kleineren Molekülen, den sogenannten Ketonkörpern. Diese sind ebenfalls Energieträger. Zwei davon sind schwache Säuren. Bei einem drastischen Insulinmangel kann deren Konzentration so stark steigen, dass es zu einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes kommt, der sogenannten Ketoazidose. Es stehen Teststreifen zur Verfügung, um einen dieser Ketonkörper, das Aceton, im Urin zu messen. Schwere Entgleisungen können so von den Betroffenen selbst erkannt und behandelt werden (z. B. bei Insulinpumpenträgern, wenn ein unbemerkter Pumpendefekt zu einer schweren Stoffwechselentgleisung geführt hat). Von Dritten kann häufig ein Acetongeruch des Atems wahrgenommen werden. Die Bestimmung – und damit auch die Verordnung und Vorhaltung von entsprechenden Teststreifen – ist nur bei Typ-1-Diabetes relevant, da ein solch ausgeprägter Insulinmangel bei Typ-2-Diabetikern nur nach jahrzehntelangem Krankheitsverlauf und dann auch nur sehr selten auftreten kann.
Autoantikörper [Bearbeiten]
Beim Typ-1-Diabetes können Autoantikörper gegen Inselzellen (ICA= islet cell autoantibodies) in 80 % der Fälle nachgewiesen werden.[25] Diese werden je nach Zielantigen in verschiedene Autoantikörper differenziert:
- GADA (=Glutamatdecarboxylase-Antikörper): Diese Antikörper wenden sich spezifisch gegen ein Enzym der Betazellen und sind beweisend für einen Diabetes mellitus Typ 1, liegen aber bei Krankheitsausbruch nur in 50 bis 70 Prozent der Fälle vor, später immer seltener. GADA sind typisch für den Diabetes mellitus Typ 1 im Erwachsenen-Alter.
- Insulin-Antikörper (IAA)
- Antikörper gegen Tyrosinphosphatase IA-2 (IA-2A)